19.09.2022
Die lebzeitige Übertragung von Immobilien oder auch Immobilienschenkung
Von Notarin Bettina Selzer
Immobilieneigentümern wird oftmals von ihrem Steuerberater empfohlen, schon zu Lebzeiten eine Immobilie an die Kinder oder den Ehegatten zu verschenken, um die Steuerfreibeträge auszuschöpfen und den Kindern oder Ehegatten spätere Erbschaftssteuern zu sparen. Was ist bei der Schenkung einer Immobilie zu berücksichtigen?
Pflicht zur notariellen Beurkundung bei Immobilienschenkungen
Die Schenkung einer Immobilie muss bei einer Notarin oder einem Notar beurkundet werden, da das Eigentum an der Immobilie an eine andere Person übertragen wird. Das hat den Vorteil, dass die Immobilieneigentümer eingehend notariell beraten werden.
Handelt es sich nämlich um die Schenkung der Immobilie, die Sie zurzeit bewohnen, sollten Sie sich bei der Übertragung der Immobilie ein Wohnrecht beziehungsweise das Nießbrauchrecht vorbehalten und im Grundbuch eintragen lassen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie als Übergeber die Immobilie weiter bewohnen und/oder bei Vermietung die Mieteinnahmen behalten können.
Weitergehende Absicherung des Übergebers der Immobilie
Weiterhin können Sie sich zu Ihrer Absicherung als Übergeber der Immobilie Rücktrittsrechte vorbehalten. Diese können ebenfalls im Grundbuch eingetragen werden. Üblicherweise wird ein Rücktrittsrecht für den Eintritt bestimmter Umstände vereinbart. Beispiele hierfür sind Insolvenz, Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand, Scheidung, Vorversterben, Geschäftsunfähigkeit oder die Veräußerung oder Belastung des Grundbesitzes ohne Zustimmung des Übergebers.
Damit die Immobilie auch wirklich in der Familie bleibt, sollten die Kinder außerdem verpflichtet werden, einen Ehevertrag mit ihren zukünftigen oder bereits vorhandenen Ehegatten abzuschließen. Das ist inzwischen regelmäßig üblich und wird von den Kindern meist auch unterstützt. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Immobilie im Rahmen des Zugewinn- bzw. Vermögensausgleichs nicht berücksichtigt wird, sondern allenfalls tatsächlich getätigte Investitionen oder Tilgungsleistungen zu erstatten sind.
Schenkungen und Erbe sind zwar als solche nicht im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, aber die Werterhöhung, die diese bis zu einer etwaigen Scheidung erfahren, kann bei Immobilien sehr hoch sein. Ohne eine entsprechende Vereinbarung ist diese beim Zugewinn anzurechnen.
Das kann sogar dazu führen, dass der Beschenkte die Immobilie verkaufen muss, um im Rahmen eines Scheidungsverfahrens die Zugewinnausgleichsansprüche seines Ehegatten zu befriedigen. Meist entspricht dies aber nicht dem Willen der Eltern, die durch die Übertragung zu Lebzeiten die Immobilie ihrem eigenen Kind und den Enkelkindern erhalten möchten.
Pflichtteilsansprüche berücksichtigen
Zusammen mit der Notarin oder dem Notar sollten Sie auch klären, ob die Schenkung auf einen etwaigen Pflichtteilsanspruch des Erwerbers anzurechnen ist. Das Verhältnis zum eigenen Kind kann sich im Laufe der Jahre nach der Immobilienübertragung schließlich noch ändern.
Sollte der übertragende Immobilieneigentümer das Kind zu einem späteren Zeitpunkt als Erben ausschließen wollen, hätte das Kind als gesetzlicher Erbe einen sogenannten Pflichtteilsanspruch. Dies ist ein Zahlungsanspruch über einen Betrag, der dem hälftigen Erbteil entspricht. Unter Umständen ist es für diesen Fall sinnvoll, die Schenkung auf den etwaigen Anspruch anzurechnen. Im notariellen Schenkungsvertrag können Sie dies festlegen.
Mögliche Doppeltbesteuerung von Immobilien beim Berliner Testament vermeiden
Wenn Sie als Immobilieneigentümer über mehrere werthaltige Immobilien verfügen, kann ein sogenanntes Berliner Testament mit ihrem Ehegatten sehr ungünstig sein. Es kann dann vorkommen, dass die gleichen Immobilien doppelt versteuert werden müssen, beim ersten und beim zweiten Todesfall der Eltern.
Hier bietet es sich an, die wertvollste Immobilie zu Lebzeiten auf die Kinder zu übertragen. Die übrigen Immobilien können dann beispielsweise immer noch über ein Berliner Testament erst an den Ehegatten gegenseitig und danach an die Kinder vererbt werden.
Gemeinsame Verwaltung der übertragenen Immobilie in einer Kommanditgesellschaft
Bei der Übertragung an mehrere Kinder sollten Sie auch prüfen, ob die zu übertragende Immobilie in eine zu gründende vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft eingebracht wird. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass die Kinder in Bruchteilsgemeinschaft Immobilienmiteigentümer werden. Diese Bruchteilsgemeinschaft hat den Nachteil, dass jeder Miteigentümer seinen Anteil an der Immobilie frei veräußern und übertragen kann und auch die Miteigentümer nur gemeinsam zur Verwaltung der Immobilie berechtigt sind. Im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft könnten dagegen Regelungen zur gemeinsamen oder auch alleinigen Verwaltung der Immobilie durch einen Gesellschafter getroffen werden, die im Sinne der Übergebers sind. Weiterhin kann regelt werden, dass der KG-Anteil nur an bestimmte Personen übertragen werden darf und was im Falle des Todes gilt. Sollte ein Gesellschafter aus der KG ausscheiden, kann zudem auch die zu zahlende Abfindungshöhe geregelt werden.
Vorab fachliche Beratung einholen
Auf keinen Fall zu empfehlen ist eine nicht vorher durchdachte Immobilienübertragung. Wie Sie sehen, hat diese weitreichende Folgen, die auch mehrere Personen betreffen. Sie sollten sich daher vorab durch den Steuerberater und den Notar ausführlich beraten lassen.